Unsere frühen Vorfahren sind Vegetarier.

Unsere frühen Vorfahren sind Vegetarier. Dann entdecken sie Aas als Nahrungsquelle. Homo erectus macht den Schritt zum Jäger. Schließlich erobert der Mensch die Welt. (Nuestros primeros antepasados son vegetarianos. Entonces descubren carroña como fuente de alimento. Homo erectus abre el paso para el cazador. Finalmente el hombre conquista el mundo.)


VON HERMANN PARZINGER
EVOLUTION
http://www.zeit.de/2015/09/evolution-neandertaler-homo-sapiens-homo-erectus-vorfahren
Unsere Ahnengalerie


DIE ZEIT Nº 09/201520. März 2015




So könnte Lucy ausgesehen haben. Forscher haben anhand der fossilen Überreste den Körper unserer 3,2 Millionen Jahre alten Vorfahrin nachgebaut. | © Dave Einsel/Getty Images

Die Frage nach unserem Ursprung gehört zu den zentralen Themen derArchäologie. Afrika gilt als Wiege der Menschheit. Überreste unserer ältesten Vorfahren entdeckte man im Becken des Tschadsees. Diese Hominiden sind sieben Millionen Jahre alt.

Der Australopithecus afarensis ging vor über drei Millionen Jahren bereits aufrecht, sein Hirnvolumen war größer als das der Affen, und er war in der Lage, seine Hände vielfältig einzusetzen. Bekanntestes Fossil dieser Art: eine Frau,genannt Lucy. Als Vegetarierin aß sie Gras und Blätter, die sie mit ihrem beeindruckenden Kauapparat zerkleinerte.

Die Sicherung der Ernährung ist seit je Triebfeder kultureller wie biologischer Entwicklung. War der Australopithecus noch weitgehend Vegetarier, so begann der Homo habilis vor etwa 2,7 Millionen Jahren damit, seinem Körper vermehrt Proteine zuzuführen – er fraß Aas. Um mundgerechte Bissen aus den toten Tierkörpern herausschneiden zu können, erfand er die ersten einfachen Steingeräte. Sie zeugen von einem problemlösenden, zielgerichteten Denken und Handeln – dies ist der entscheidende Schritt zum Menschsein.


Dieser Artikel stammt aus der ZEIT Nr. 9 vom 26.02.2015. | Die aktuelle ZEIT können Sie am Kiosk oder hier erwerben.

Der Homo erectus oder Homo ergaster vollzog zwischen 2 Millionen und 300.000 Jahren vor unserer Zeit den Wandel vom Aasfresser zum Jäger. Nun standen ihm große Mengen hochwertigen Frischfleischs zur Verfügung. Die verstärkte Zufuhr von Fett, Eiweiß und Phosphor ermöglichte, dass sich das Gehirn weiterentwickelte. Dies befähigte unsere Ahnen zu erstaunlichen Innovationen: Der Homo erectus organisierte Treibjagden, fertigte Bekleidung und baute Behausungen. Da sich offene, savannenartige Landschaften ausbreiteten, war er gezwungen, bei der Suche nach Nahrung weite Wege zurückzulegen. Dies und die proteinreichen Lebensmittel kräftigten seine Beinmuskulatur – eine Voraussetzung, um Afrika verlassen zu können.

Neue Entdeckungen zeigen, dass die Wanderung des Homo erectus nach Europa über den Nahen Osten und durch das Kaukasusgebiet erfolgte. Entscheidend für die Rekonstruktion der damals eingeschlagenen Wege sind die 1,8 Millionen Jahre alten Funde des Homo erectus ergaster georgicus aus Dmanissi in Georgien. Es handelt sich um die ältesten Funde von Menschenresten und Steingeräten außerhalb Afrikas.

Der viel weiter westlich, im nordspanischen Atapuerca freigelegte Homo antecessor – er ist zwischen 1,2 Millionen und 800.000 Jahre alt – soll aus dem Homo ergaster georgicus entstanden sein. Er verzehrte seine tierische und pflanzliche Nahrung roh, weil er das Feuer noch nicht beherrschte.

AUF DEN SPUREN DES MENSCHEN
Als Homo sapiens ist der Mensch heute die einzige lebende Homo-Art aus der Familie der Hominidae, der Menschenartigen. Die meisten Hominiden sind keine direkten Vorfahren des Menschen, sondern entwickelten sich als Seitenlinien der Evolution. Derzeit wird von sieben verschiedenen Arten der Gattung Homo ausgegangen, die einst gelebt haben sollen. Ob es sich dabei aber tatsächlich um verschiedene Arten handelt, oder ob eine Art besonders unterschiedliche Eigenschaften ausprägte, ist Gegenstand intensiver Diskussion. Ein Überblick nach Alter:
4,4 Millionen Jahre – Ardipithecus ramidus: Der Fund aus Äthiopien zählt zu den Menschenartigen und ist weit mehr von den Affen entfernt, als bislang vermutet.
3,2 Millionen Jahre – Australopithecus afarensis: 1974 wird in Äthiopien "Lucy" ausgegraben, ein Teilskelett, das als letzter gemeinsamer Vorfahr mehrerer Abstammungslinien von Hominiden gilt.
2,1 bis 1,8 Millionen Jahre – Homo rudolfensis: Dieser Mensch hat ein größeres Gehirn als die affenartigen Vormenschen, die Australopithecinen, und nutzte wohl auch schon Werkzeuge. Er könnte einer der direkten Vorgänger des modernen Menschen sein
2,1 bis 1,5 Millionen Jahre – Homo habilis: Alle Knochenfunde stammen aus Ostafrika, dieser Frühmensch könnte zur gleichen Zeit wie Homo rudolfensis und Homo erectus gelebt haben.
2.000.000 BIS 500.000 JAHRE
1,8 bis 2 Millionen Jahre – Australopithecus sediba: Die in einer Höhle der südafrikanischen Region Sterkfontein gefundenen Fossilien eines Jungen und einer Frau könnten eine Übergangsform zwischen den Australopithecinen und den Frühmenschen darstellen.
1,8 Millionen bis 300.000 Jahre – Homo erectus: Mit dem Homo erectus begann eine Wanderbewegung aus Afrika nach Europa und Asien. 1891 entdeckt der Holländer Eugene Dubois einen Javamenschen, der vor 500.000 Jahren gelebt hat. In Georgien finden Forscher seit 1999 mehrere 1,75 Millionen Jahre alte menschliche Überreste, die dem Homo erectus zugerechnet werden.
500.000/780.000 Jahre – Homo heidelbergensis: Im Oktober 1907 wird im Dorf Mauer bei Heidelberg ein rund 500.000 Jahre alter Unterkiefer dieses Menschen ausgegraben. 1995 werden in Spanien 780.000 Jahre alte Überreste von vier Menschen dieser Art gefunden und Werkzeuge. Sie zählen zu den frühesten Menschen Europas.
160.000 BIS HEUTE
120.000 bis 10.000 Jahre – Homo floresiensis: Der als "Hobbit" bekanntgewordene, nur einen Meter große indonesische Urmensch war im Jahr 2004 auf der Insel Flores gefunden worden. Es gilt als umstritten, ob er eine eigene Art ist oder ein kleinwüchsiger Homo sapiens.
40.000 Jahre – Homo neanderthalensis: Ein Fund von 1856 in der Feldhofer-Grotte im Neandertal stellt den Beginn der Forschung zur Evolution des Menschen dar.
30.000 Jahre – Denisovan hominins:In einer Höhle in Sibirien fanden Archäologen 2008 versteinerte Fingerknochen und einen Backenzahn, dessen Erbgut weder zu dem der Neandertaler, noch zu dem der Homo sapiens passte. Forscher nannten diesen neu entdeckten Frühmensch Denisovan - nach seinem Fundort, der Denisovan-Höhle.
160.000 Jahre – Homo sapiens: Die bislang ältesten Überreste des modernen Menschen findet ein internationales Forscherteam 1997 in Äthiopien. Die erst 2003 analysierten Schädelknochen erhärten nach Ansicht der Forscher die Vermutung, dass die modernen Menschen in Afrika entstanden sind und sich von dort in die ganze Welt ausgebreitet haben.

In Mitteleuropa war das Klima damals rauer als am Rand des Mittelmeers. Ohne die Fähigkeit, Feuer zu nutzen, war ein Aufenthalt hier nicht möglich. Der erste Mensch in diesen Breiten – der Homo heidelbergensis vor rund 600.000 Jahren – besaß sie. Die Beherrschung der Glut war nach den Steingeräten die zweite grundlegende Innovation des Menschen. Mithilfe des Feuers ließ sich Fleisch haltbar machen. Wie viele Sammelpflanzen wurde es durch Braten und Kochen leichter verdaulich. Die Feuerstellen waren auch Mittelpunkte sozialen Lebens: die Orte vermutlich, an denen Sprache entstand. Ohne Frühformen sprachlicher Verständigung hätte man wohl auch keine Treibjagden organisieren können.

Zu den herausragenden Zeugnissen für das Geschick des Homo heidelbergensis zählen die Funde aus Schöningen in Niedersachsen. Im Randbereich eines eiszeitlichen Sees stießen die Ausgräber auf mehr als 300.000 Jahre alte Steinwerkzeuge, Pferdeknochen und Holzspeere. Diese ältesten Speere der Menschheit sind extrem sorgfältig gearbeitet, besitzen vorzügliche Flugeigenschaften und haben erstaunliche Ähnlichkeit mit heutigen Sportspeeren. In dieselbe Zeit gehört ein mit regelmäßig angebrachten Schnittlinien verziertes Knochenstück aus Bilzingsleben in Thüringen – das bislang älteste Ornament der Menschheit. In Bilzingsleben stieß man auch auf Schädel und andere Menschenknochen mit Schnittspuren, möglicherweise die ältesten Spuren rituellen Handelns.

Auf den Homo heidelbergensis folgte der Neandertaler, der in der Zeit zwischen 300.000 und rund 30.000 Jahren vor unserer Zeit existierte. Er war von der Iberischen Halbinsel bis in den Nahen Osten verbreitet, wohingegen er in Afrika und Asien fehlte. Auch er beherrschte das Feuer. Einfache Behausungen und Fellbekleidung rüsteten ihn für den Aufenthalt in winterkalten Gebieten. Der Neandertaler war ein Jäger, daneben sammelte er Grassamen, Früchte, Beeren, Eicheln, Pilze und Wurzelknollen. Die Entdeckung des Jenseits und die Befassung mit der Grenzerfahrung des Todes bleiben sein fundamentalster und in geistiger Hinsicht revolutionärster Beitrag. Aus seiner Zeit liegen die ältesten Funde von Bestattungen vor.


Vor rund drei Millionen Jahren lebten Hominiden, die aufrecht gingen. Archäologe Prof. Dr. Hermann Parzinger erläutert, was den Australopithecus so besonders machte. Video kommentieren

Das Ende des Neandertalers ist umstritten. Fest steht, dass der aus Afrika zugewanderte moderne Mensch (Homo sapiens) ihn ablöste. Möglicherweise trug dazu eine Naturkatastrophe bei: Vor 38.000 Jahren kam es zu einem gewaltigen Vulkanausbruch in Süditalien – und deswegen zu einer ausgeprägten Kältephase. Der Neandertaler war ihr offenbar nicht mehr gewachsen. Mit seinem Aussterben überließ er dem anpassungsfähigeren Homo sapiens das Feld.

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HOMO SAPIENS

Erst mal auf den Hund und die Flöte kommen

Erfindergeist und große Kunst – der Homo sapiens macht sich weltweit auf den Weg in die kulturelle Moderne. VON HERMANN PARZINGER

DIE ZEIT Nº 09/2015
26. Februar 2015  07:00 Uhr 
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Mit ihm näherte sich die biologische Entwicklung dem heutigen modernen Menschen: Der Homo sapiens hat sich zwischen 200.000 und 100.000 Jahren vor unserer Zeitrechnung in Afrika herausgebildet, als in Europa noch der Neandertaler verbreitet war. Vor etwa 60.000 Jahren verließen die ersten Vertreter seiner Art den afrikanischen Kontinent. Die Spezies breitete sich über die Welt aus und verdrängte alle anderen noch existierenden Formen der Gattung Homo.

Über das Rote Meer und die Arabische Halbinsel erreichte der Homo sapiens vor 55.000 Jahren den Südosten und Osten Asiens. Danach betrat er den eiszeitlichen Südkontinent Sahul, zu dem Australien, Neuguinea und Tasmanien noch verbunden waren.

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Kolossale Wassermassen waren als Eis an den Polkappen gebunden – der Meeresspiegel lag um 120 Meter tiefer als heute. Die Überwindung der rund 70 Kilometer breiten Wasserstraße, die Südostasien von Sahul trennte, gilt als eine der größten Pioniertaten des Homo sapiens. Sie konnte nur mit Booten oder Flößen gelingen und zeugt von enormem planerischem Denken und Wagemut.

In Australien fand der Homo sapiens noch späte Mega-Fauna vor, die jedoch bald ausstarb: drei Meter große Kängurus, sieben Meter lange Echsen, fünfzig Kilogramm schwere Schlangen, nashorngroße Wombats. Mit Feuer verwandelte der Immigrant den dichten Wald in Savanne, um leichter jagen zu können und essbare Pflanzen gedeihen zu lassen. Damit griff der Mensch noch vor Ende der Eiszeit erstmals massiv in seine Umwelt ein.

Vor 13.000 Jahren dann erreichte der Homo sapiens von Nordostsibirien aus über die Landbrücke Beringia Amerika und verbreitete sich schnell bis in die südlichsten Teile des Doppelkontinents. Die menschenleeren Gebiete Amerikas mit ihren Unmengen an Säugetieren müssen den zugewanderten Jägern wie ein Paradies vorgekommen sein. Sie ermöglichten schnell eine kulturelle Blüte – die Clovis-Kultur, für die perfekt gearbeitete Speerspitzen aus Feuerstein typisch sind.

Gelegentlich wird spekuliert, ob nicht erheblich früher schon Robbenjäger zufällig nach Amerika gelangt sein könnten, von Nordwesteuropa aus am Südrand des Eises entlang über Grönland und Nordostkanada.

Die Lebensweise unterschied den Homo sapiens am Anfang nicht grundlegend von seinen Vorfahren: Er trat in Gruppen auf, war Jagdstratege und ein kenntnisreicher Sammler essbarer Pflanzen. Er erfand Geräte wie die Speerschleuder; sie verbesserte die Durchschlagskraft und Zielgenauigkeit des Speerwurfs enorm. Gegen Ende des Pleistozäns, um 10.000 vor Christus, optimierte der moderne Mensch seine Jagdmethode mit Pfeil und Bogen. Mit Nadeln aus Knochen nähte er bessere und dichtere Kleidung.

Daneben gelang ihm vor mindestens 15.000 Jahren die älteste Domestikationsleistung überhaupt: Er zähmte Wölfe und züchtete den Hund. Isegrims Abkömmling – das einzige von Jägern und Sammlern domestizierte Haustier – wurde im Allgemeinen nicht verspeist. Er diente dem Menschen von Anfang an als Begleiter und Gehilfe für Jagd und Wacht. Hunde können Gesten und Mimik des Menschen deuten, was die Kommunikation und das Zusammenleben erleichtert.

Mit seinem Erfindergeist, der Fantasie, dem Planungsvermögen und der Fähigkeit, strategisch zu denken, übertraf der Homo sapiens seine Vorfahren deutlich. Mit Recht können wir daher nicht nur vom anatomisch, sondern auch vom kulturell modernen Menschen sprechen. Der Homo sapiens verhalf der Kunst zum Durchbruch. Besonders ausdrucksstark sind Elfenbeinfigurinen von Tieren – Pferd, Mammut, Wisent oder Löwe. Er schnitzte aber auch Tier-Mensch-Mischwesen wie den sogenannten Löwenmenschen aus dem Lone-Tal auf der Schwäbischen Alb. Der steht aufrecht und ist in der unteren Hälfte von menschlicher Gestalt, während der Oberkörper samt Kopf einen Höhlenlöwen darstellt. Nicht minder charakteristisch sind Frauenfiguren, deren Geschlechtsmerkmale die Eiszeitkünstler deutlich überbetonten: die Venus von Willendorf in Niederösterreich etwa oder die Venus vom Hohlefels in Schwaben.

Unübertroffen sind künstlerische Qualität, Dynamik und Lebendigkeit der südwestfranzösischen (Chauvet, Lascaux) und nordspanischen Höhlenmalereien (Altamira). Die Kunst der Eiszeit bezeugt, wie genau die Menschen Tiere beobachteten, wie gekonnt sie abstrahierten. Sie waren in der Lage, Form und Bewegung, räumliche Tiefe und Perspektive ins Bild umzusetzen. Mit diesen Malereien schuf der Homo sapiens erstmals große Kunst, die bis heute nichts von ihrer Strahlkraft verloren hat.

Die Anfänge der Kunst waren begleitet von Klängen: Aus Röhrenknochen schnitzten Kreative vor 40.000 Jahren einfache Flöten. Malerei, plastische Kunst und Musik entstanden also annähernd gleichzeitig und in engem Verbund. Dies lässt an kultische Handlungen, vielleicht auch an Ritualfeste denken. Rituale aber kommen nicht ohne Sprache aus: Der Homo sapiens von damals besaß hierfür nicht nur die kulturellen, sondern auch die anatomischen Voraussetzungen, wodurch er in nahezu jeglicher Hinsicht mit dem heutigen Menschen vergleichbar wird.

http://www.zeit.de/2015/09/homo-sapiens-anpassung-geschichte-moderne

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